Interkulturelles Lernen

Multikulturelle Gesellschaft und interkulturelles Lernen

„Alles wirkliche Leben ist Begegnung.“

Als Konzept zur überwindung von Fremdenangst und Fremdenfeindlichkeit und als programmatischer Plan für ein friedliches Zusammenleben wird immer wieder eine „multikulturelle Gesellschaft“ als in Teilbereichen bereits vorhandene Realität sowie als Zielperspektive beschrieben (vgl. Demorgon/Kordes 2006, S. 27 ff.). über das Verständnis dessen, was als multikulturelle Gesellschaft zu bezeichnen ist, wie sie gesehen wird und ob sie überhaupt anzustreben ist, gibt es erhebliche Unterschiede: So wird sie zum einen als Chance gesehen, schwerwiegende gesellschaftliche Probleme und Entwicklungen zu bewältigen. Zum andern aber wird sie von einem Teil der Bevölkerung auch als Bedrohung wahrgenommen und mit dem Verlust der eigenen Kultur verbunden, sowie als Gefahr der übervölkerung erlebt.

interkulturelles Lernen

Inzwischen wird der Begriff auch von rechten Gruppen aufgegriffen und mit ihren Inhalten gefüllt. Multikulturelle Gesellschaft bedeutet hier eine multiethnische Gesellschaft, in der jede Teilgruppe nach ethnischen Gesichtspunkten separiert ist.

Kultur kann nicht statisch, homogen und national begriffen werden, sondern ist laufend Veränderungen, Entwicklungen, Anpassungen und Abwehrkämpfen ausgesetzt. Die vorfindbare Kultur besteht bei genauer Betrachtung aus vielfältigen Teilkulturen, die von un­terschiedlichen Zugehörigkeiten geprägt (durchmischt) sind und dabei versuchen eine Balance zwischen Neuerung und Bewahrung zu finden. Diese Durchmischung beschreibt der Philosoph Welsch (1996) mit dem Begriff Transkultur (vgl. Bittl 2008). In diesem Prozess der permanenten Veränderungen müssen auch tragfähige Antworten auf die Fragen der rechtlichen, sozialen und wirtschaftlichen Gleichstellungen aller Kulturen und auf die sichtbaren ängste der deutschen (und der ausländischen) Bevölkerung gefunden werden. Der bewusste Gestaltungswillen des Zusammenlebens unter dem Gesichtspunkt der Gleichwertigkeit aller Gruppen ist das entscheidende Kriterium. Welche Schwierigkeiten dabei in der Praxis auftreten, zeigen exemplarisch u.a. die immer wieder stattfindenen Konflikte beim Bau von Moscheen oder bei der Einführung von Islamunterricht (islamische Unterweisung) an Schulen.

Zentrale Faktoren für das interkulturelle Zusammenleben
Der erste Faktor besteht im Rechtsstaat, in ihm ist jeder vor dem Gesetz gleich. Den zweiten Faktor bildet der Verfassungsstaat beziehungsweise liberale Rechtsstaat, er verpflichtet das Gesetz auf die Menschenrechte. Derentwegen darf niemand wegen seiner Rasse, seines Glaubens oder seiner Religion benachteiligt oder bevorzugt werden. Der dritte Faktor besteht in der Toleranz, er kann auch Liberalität heißen und spielt in drei Dimensionen eine Rolle. Auf die erste und grundlegende Dimension weist der zweite Faktor: Die politische Toleranz, die Toleranz als Rechts- und Staatsprinzip erhebt die Religions- und die Meinungsfreiheit in den Rang eines Menschen- und Grundrechts. Seinetwegen ist der Staat religiös und weltanschaulich neutral. Auf das tolerante Gemeinwesen folgt die tolerante Gesellschaft. Diese zweite Ebene erlaubt jedem Bürger, sich zu allem, aber auch zu nichts zu bekennen. Nach dieser zweiten Dimension, der sozialen Toleranz oder Toleranz als Lebensprinzip einer Gesellschaft, darf man sich in beliebigen Lebensformen entfalten. Ein toleranter Staatsbürger schließlich bringt auch den Menschen Achtung entgegen, die anderen Religionen, Konfessionen oder politischen überzeugungen anhängen oder andere Lebenspläne verfolgen. Dies ist die dritte, personale Toleranz, die Toleranz als Bürgertugend.

Otfried Höffe: Goldene Regel. Wie wir in Zeiten interkultureller Konflikte tolerant sein können. In: Kulturaustausch online, III/2007.www.ifa.de/pub/kulturaustausch/archiv/kulturaustausch-2007/toleranz-und-ihre-grenzen/goldende-regel/

Fremdenfeindlichkeit
Es gibt viele Arten von Fremdenfeindlichkeit
Man kann über sie Witze erzählen
Auf die Wände Hassparolen schreiben
Keine Wohnung vermieten
Keine Arbeit geben
Am Arbeitsplatz verachten
Auf der Straße Menschen jagen
Und mit Stiefeln treten
Beim süßen Schlummer der Kinder Häuser anzünden
Sie von Wahllokalen fernhalten
Ihre Rechte abschaffen sowie die Muttersprache

Es gibt viele Arten von Fremdenfeindlichkeit
Einer nachts auf der Straße
Andere am Schreibtisch

Schlimm ist wenn die Mehrheit stillschweigend zuschaut

Bahattin Gemici
Bahattin Gemici, geb 1954, ist Schriftsteller aus der Türkei. Er lebt seit 1976 in Deutschland und arbeitet als Lehrer. www.bgemici.de

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