Ausloten von Macht
In vielen Kommunikationssituationen (also auch in Schule und Unterricht) versuchen die Schülerinnen und Schüler, die Kontrolle über die Situation und die anderen zu erlangen. Dies geschieht durch (bewusste oder unbewusste,
verbale oder nonverbale) Beeinflussung der anderen. Solche Kontrollversuche können sich ausdrücken in:
- viel reden,
- viel fragen,
- wenig von sich zeigen,
- direktem (demonstrativem) Blickkontakt,
- betont lockerer Haltung,
- starker Steuerung des Gesprächs,
- Unterbrechen des Gegenübers,
- abrupter Beendigung des Gesprächs,
- …
Auch soziale Sprachstile unterstützen solche Kontrollversuche: Ein großer und differenzierter Wortschatz, hohe Sprechgeschwindigkeit, gute Aussprache sowie eine korrekte Hochsprache werden z. B. allgemein mit Kompetenz und hohem sozialen Status in Verbindung gebracht. Dies heißt auch, dass diese Merkmale bewusst zur Beeinflussung der anderen eingesetzt werden (können).
Die richtige Nähe finden
Die mit der Kommunikation verbundene Aufnahme sozialer Beziehungen hat immer auch eine Dimension von Nähe und Distanz, von Zuneigung und Ablehnung. Dies kommt u. a. durch Blickkontakt (oder Vermeidung von Blickkontakt), offene (oder geschlossene) Körperhaltung oder das Einbeziehen (oder Vermeiden) privater Themen zum Ausdruck. Welches Maß an Nähe bzw. Distanz als „normal“ betrachtet wird, hängt dabei von der Art der Beziehung ab (Eltern – Kind, Lehrer – Schüler, Freund – Freundin, …). Nähe drückt sich oft darin aus, dass einer einem anderen bewusst Informationen über sich selbst zur Verfügung stellt, die dem anderen normalerweise in dieser Situation nicht zur Verfügung stehen (z. B. durch erzählen, Zimmer zeigen, Freunde vorstellen, ins Elternhaus mitnehmen etc.). Diese Selbstenthüllung ist jedoch mit der Forderung nach angemessener Erwiderung verbunden. Die dahinterstehende Absicht ist, eine positive Wertschätzung für das eigene Selbst zu schaffen.
Vgl. J. M. Wiemann / H. Giles: Interpersonelle Kommunikation als Grundlage aller Beziehungen des Lebens. In: Wolfgang Stroebe u. a.: Sozialpsychologie. Berlin u. a. 1990, S. 209–231.
Diese beiden Grundfunktionen spielen natürlich auch in der schulischen Kommunikation sowie in der zwischen Erwachsenen und Kindern eine besondere Rolle, da Kinder hier von ihren Voraussetzungen her, aber auch aufgrund der Rollendefinition, zunächst in der schwächeren Position sind, ist eine besondere Rücksichtnahme und Sensibilität der Erwachsenen notwendig.